Steine statt Blumen – Ein uralter jüdischer Brauch

Neulich erzählte uns ein Kunde, dass er gerne – anstatt einer Pflanze oder Blume – einen kleinen Stein mitbringt, um ihn auf dem Grab oder Grabstein seines Angehörigen zu platzieren. Erst kürzlich habe er extra einen kleinen schönen Stein aus dem Urlaub zum Grab seines Angehörigen mitgebracht. Gesehen habe er das auf einem jüdischen Friedhof, auch wenn er nicht genau wisse, warum es diesen jüdischen Brauch gebe bzw. was er bedeutet.  

Tatsächlich weisen jüdische Friedhöfe im Vergleich zu christlichen Begräbnisstätten  deutliche Unterschiede auf. So wird ein jüdisches Grab niemals aufgelöst und auch nicht neu belegt. Wenn es keinen freien Platz mehr gibt, kann es vorkommen, dass ein Grab mit Erde beschichtet wird, um so ein Begräbnis übereinander zu realisieren. Auch Grabsteine bleiben bestehen, sie werden niemals entfernt. 

Ein jüdischer Friedhof  wird als  „Haus der Ewigkeit“, als „Guter Ort“ verstanden. Er ist kein Ort der Toten sondern des ewigen Lebens, denn hier warten die Verstorbenen auf ihre Auferstehung. Die Erde, in der sie ruhen und die sie umgibt, ist ihr Eigentum. Sie darf nicht angetastet werden.  

Blumen als Grabschmuck sucht man auf jüdischen Friedhöfen vergebens. Maximal werden Bodendecker und Efeu gepflanzt. Letzteres darf aber niemals die Inschrift des Grabsteins zuwuchern. Statt Blumenschmuck – so ist es jüdische Tradition – werden viele kleine Steine auf die Grabstelle gelegt. Dieser uralte Brauch stammt noch aus der Zeit, als die Israeliten in der Wüste lebten. Sie beerdigten ihre Toten und häuften auf dem Grab viele Steine an – als Markierung, um den Ort besser wiederzufinden, aber auch, damit der Leichnam des Verstorbenen vor wilden Tieren geschützt ist. Die Steine brachten Stammesverwandte und Freunde mit zur Beerdigung und dieser Brauch hat sich bis heute gehalten. Die Steine stehen für Beständigkeit und Unvergänglichkeit. Weitere Erklärungen reichen von Schutz des Toten bis hin zu Zeichen der Anteilnahme, als Symbol des Weiterbauens am Lebenswerk des Verstorbenen oder jeder Stein steht für eine Träne/Tränen als Ausdruck des Schmerzes.

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